Lima-Austausch: Reich beschenkt mit Welt- und Lebenserfahrung  

Sehr reich beschenkt an Welt- und Lebenserfahrung sowie lateinamerikanischer Herzlichkeit kehrte unsere 9köpfige Austausch-Gruppe in Begleitung von Andrea Tüllinghoff und Catrin Stubbe nach drei Wochen Peru-Aufenthalt wieder zurück nach Osnabrück. Wir bringen natürlich auch herzliche persönliche Grüße und ein besonders dickes Dankeschön für unsere Unterstützung von unserer Partnerschule in  Miramar mit an die Angelaschule.

Drei Wochen erlebten wir den Alltag  in peruanischen Gastfamilien und der 10Millionen-Metropole Lima, den Unterricht am Colegio Santa Ursula, hatten vergnügliche Freizeitaktivitäten und erhielten einen Einblick in die gesellschaftliche Wirklichkeit mit ihren frappierenden sozialen Gegensätzen. An dieser Stelle fassen wir unsere Erlebnisse in den armen Vierteln Limas zusammen, wo wir Lebenswelten kennenlernten, die uns hier völlig fremd sind. Ausführlichere Berichte über den Austausch könnt ihr dann im neuen Jahresheft  „Angela aktuell“ lesen.

Für die Berichte bitte den Weiterlesen-Button drücken, Fotos gibt es in der Fotogalerie.

Pachacutec

Gleich in der ersten Woche haben wir einen Ort besucht, der unserem Leben in Deutschland wohl am fremdesten war: Pachacutec, eine recht neue Ansiedlung am Rande von Lima, wo der Orden der Ursulinen vor nicht allzu langer Zeit eine Missionsstation eingerichtet hat. In diesem Viertel herrschte die größte Armut, die wir je gesehen hatten. Die Menschen, die vom Lande geflohen sind, haben sich zunächst illegal an Berghängen angesiedelt und leben dort in Hütten, zum Teil noch mit Wänden aus Pappe, Wellblechdächern und Tüchern vor den Fenstern. Die meisten Straßen sind noch aus Sand, Wasser gibt es nur begrenzt aus Tankwagen, Stromversorgung nur teilweise, Abwasser riecht man den Berg runterfließen ins Meer… Dort haben wir ein kirchliches Therapiezentrum besucht, wo Kinder mit Behinderung durch Ergo-, Sprach- und Physiotherapie geholfen wird und wo ein deutscher Freiwilliger aus seinen intensiven Erfahrungen berichtete. Außerdem haben wir zwei Klassen in einer Grund- und Sekundarschule besucht. Wir waren beeindruckt, dass die Kinder trotz ihrer Lebensumstände wahnsinnige Freude ausstrahlten. Nach dieser Erfahrung schätzten wir unsere Lebenssituation noch viel mehr.

Chorillos

Extreme Armut, gefährliche Jugendbanden, unvorstellbare häusliche Gewalt, Drogen- und Alkoholprobleme – das prägt Chorillos, einen Stadtteil Limas. Bei unserem Besuch dort bekamen wir allerdings die positiven Projekte zu Gesicht, mit denen sich die Kirchengemeinde von Padre Juan in San Genaro bemüht, diese Probleme zu verringern: die Verteilung von Essen an Menschen in extremer Armut, die kostenlose Arbeit von Anwältin, Sozialarbeiterin und Psychologin, die Betreuung und den Unterricht von vernachlässigten oder verlassenen Kindern, Berufsausbildung für Erwachsene ohne Schulabschluss, Projekte für venezolanische Flüchtlinge und alte Leute. Neben einigen professionellen Angestellten der Gemeinde stellen hier viele Menschen ehrenamtlich und sehr gerne ihre Kräfte für die Hilfe der vielen Bedürftigen zur Verfügung. Ein zentraler Baustein dabei ist das Casa de los Talentos, wo Kinder und Jugendliche in ihrer Freizeit Tanzen, spielen, basteln u.v.m. und auch Eltern ihre vielfältigen Talente wie Back- oder Schuhmacherkunst einbringen. Damit werden die Kinder von den Straßen ferngehalten, sie erfahren Freude und werden vor allem in ihren positiven Qualitäten gestärkt. Die vor Lebendigkeit sprühende und rundum positive Atmosphäre in diesem Haus, das von solchen schwerwiegenden Problemen umgeben ist, hat uns sehr beeindruckt.

Miramar

Unserer Partnerschule San José besuchten wir insgesamt dreimal. Zunächst lernten wir den Kindergarten dort kennen. Zu zweit wurden wir in Gruppen aufgeteilt. Wir haben mit den Kleinen getanzt und gesungen, Mittagessen verteilt und gegessen. Und vor allem viel geredet und gelacht. Beeindruckt waren wir von den Montessori-Methoden, mit denen die Kinder ihre motorischen Fähigkeiten schulten, in dem sie Gegenstände nach Größe und Farbe ordneten oder mit diversen Geräten und Gefäßen verschiedene Materialien umfüllten oder auch ihren Namen zu schreiben übten. Außerdem hatten wir ein gemeinsames Malprojekt mit den Schülerinnen der 3. Klassen.

Sehr bewegend war der Tag, an dem uns die Ursulinen-Schwestern in Kleingruppen durch das Viertel und in einige Häuser führten. Einige Gruppen erhielten dabei sehr intime Einblicke in die Realität der Hinterhöfe, die sonst durch hohe Mauern vor den Blicken der Passanten beschützt werden: extrem enge Wohnverhältnisse, Feuchte, einstürzende Decken, notdürftige Nachtlager auf Matratzen, die tagsüber hochgestellt werden u.v.m. Auch die Lebensgeschichten der Familien dort gingen uns sehr nahe: Wir erfuhren von verlassenen Kindern, mangelnder Behandlung bei Krankheiten, fehlendem Geld für Bildung, dem täglichen Überlebenskampf und den daraus resultierenden Familienkonflikten, in Einzelfällen schockierten uns auch Berichte über Mord und Vergewaltigung…

Wir erfuhren auch, dass die bevorzugte Lage des Viertels am Meer immer mehr dazu führt, dass arme Familien vertrieben werden, um die Grundstücke für lukrative Hochhäuser teuer zu verkaufen.

Bewegend war die Dankbarkeit, die uns in Miramar aus allen Ecken für unsere vielfältige Unterstützung entgegengebracht wurde und die ihren Höhepunkt mit einer liebevollen Aufführung der Kindergartenkinder extra für uns fand.

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